Walter Maisak

Biographie

Walter Maisak, aus einfachen Verhältnissen stammend, zeigte früh künstlerisches Talent. Da er als Vollwaise zwischen zwei Weltkriegen heranwuchs, hatte er einen schwierigen Weg vor sich. Es konnte jedoch seinen Wunschtraum verwirklichen und nach einer Ausbildung an der Kunstgewerbeschule und der Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart die Laufbahn eines freien Künstlers einschlagen.

Der Krieg setzte dem ein jähes Ende; Maisak wurde zur Wehrmacht eingezogen und geriet nach der Niederlage in sowjetische Kriegsgefangenschaft. Nach seiner Heimkehr ergriff er einen kaufmännischen Beruf, um für seine Familie sorgen zu können. Er blieb jedoch zeit seines Lebens künstlerisch tätig, auch wenn die Doppelbelastung ihn an die Grenzen seiner Kraft führte.

Passfoto von Walter Maisak

1912 – 1920

1914 – 1918 Erster Weltkrieg, Ende des Deutschen Kaiserreichs. 1918 Novemberrevolution und Ausrufung der Weimarer Republik.

Die Mutter starb im November 1914 an den Folgen einer Operation. Der Vater, der im ersten Weltkrieg als Meldegänger diente, fiel im September 1916 an der Ostfront in Galizien.
Die Großeltern Karl und Christine Maisak (1847–1939) nahmen das Kind in ihr Böckinger Haus auf, wo die ledige Tante Karoline Maisak (1882–1962) es wie eine Mutter umsorgte und förderte. Mit einem kleinen Schuhgeschäft im Erdgeschoss des Hauses trug sie zum Unterhalt der Familie bei.  Zum Haus gehörte ein Baumgarten, in dem Nutzpflanzen angebaut und Enten gehalten wurden.

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1920 – 1930

Infolge des Kriegs Arbeitslosigkeit und soziale Not. 1923 Hyperinflation und Währungsreform. Beginn der Weltwirtschaftskrise, 1929 Börsenkrach („schwarzer Freitag“).

Unter der Direktion von Bernhard Pankok erlebte die Schule eine Blütezeit; der Unterricht war vielseitig und förderte im Sinn des Deutschen Werkbunds das enge Zusammenwirken von Kunst und Handwerk. Maisaks einflussreichster Lehrer war Anton Rochga, der die Abteilung für Flächenkunst und Dekorationsmalerei leitete. Zu seinen Studienfreunden zählte der sozial engagierte Fritz Dähn, später ein erfolgreicher Hochschullehrer und Kulturpolitiker der DDR. Damals bildete Maisak den kritischen Blick auf das Zeitgeschehen aus, der ihn auch später kennzeichnete.

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1930 – 1940

Weltwirtschaftskrise. 1932 Tiefpunkt der Rezession, schwere Unruhen und Erstarken der NSDAP. 1933  Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler. Gleichschaltung aller Bereiche und Errichtung der Reichskulturkammer. 1937 Propaganda-Ausstellung „Entartete Kunst“. 1939 Beginn des Zweiten Weltkriegs mit dem deutschen Überfall auf Polen.

Im Sommersemester 1933 war er wegen Krankheit beurlaubt. Nach Hitlers Machtergreifung folgte für die Kunstschaffenden eine äußerst schwierige Zeit, weil alle unter dem Zwang standen, der Reichskulturkammer beizutreten. Andernfalls drohten schwere Repressionen. Da Maisak keine Kämpfernatur war und sein Studium nicht aufs Spiel setzen wollte, verhielt er sich unauffällig und hielt sich von der Politik fern. Er bewegte sich gewissermaßen ‚unter dem Radar‘ und verbrachte seine Freizeit mit Freunden beim Wandern, Ski- und Kanufahren; immer hatte er seine Gitarre dabei. In den 1930er Jahren unternahm er mehrere Kunst- und Studienreisen durch Deutschland, wobei er gezielt die Werke verfemter Künstler anschaute, die er bewunderte. 1936 besuchte er die Biennale in Venedig, im Jahr darauf die Weltausstellung in Paris.

Das Jahr 1937 markiert einen Wendepunkt in Maisaks Leben: An Neujahr lernte er Freya Bechmann kennen, eine sensible, anmutige Schönheit, die ebenfalls ihren Vater im ersten Weltkrieg verloren hatte.  Mit ihr sollte er sein weiteres Leben teilen. Im selben Jahr schloss er sein Studium als Meisterschüler der Akademie ab und ließ sich als freier Künstler nieder. Zunächst blieb er in Stuttgart, entschied sich dann aber für Heilbronn und baute neben dem Wohnhaus seiner Familie ein eigenes Atelier. Erste Aufträge für Gemälde, Gebrauchsgraphik und Wandbilder gingen ein, doch das freie Künstlerleben stand im Schatten der NS-Diktatur.

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1940 – 1950

1941 Eskalation des Kriegs mit dem deutschen Angriff auf Frankreich und die Sowjetunion. Im Mai 1945 Sieg der Alliierten und Kapitulation der Wehrmacht. Im August 1945 Vernichtung Hiroshimas durch eine US-Atombombe. 1949 im Westen Gründung der Bundesrepublik Deutschland, im Osten der Deutschen Demokratischen Republik.

Der ruhige Dienst abseits der Front endete, als Maisak im Sommer 1943 mit dem Bataillonsstab der 17. Armee in den Osten abkommandiert wurde. Auf der Krim arbeitete er als Zeichner in der Kartenstelle bei der Festungskommandantur in Feodosia, bis die Rote Armee die Wehrmacht zum Rückzug nach Bessarabien zwang. Maisak kam mit seiner Truppe nach Odessa, wo sie im April 1944 vertrieben wurden. Auf der Flucht vor der Roten Armee schlug er sich mit den Resten der 6. Armee nach Ungarn und Tschechien durch. Nachdem ein Luftangriff der Royal Airforce am 4. Dezember 1944 Heilbronn in Schutt und Asche gebombt hatte, erhielt er einen kurzen Heimaturlaub, um bei der Evakuierung seiner Familie zu helfen.

Als die Wehrmacht im Mai 1945 kapitulierte, geriet Maisak bei Beneschau in sowjetische Kriegsgefangenschaft und wurde bis 1949 in kasachischen Lagern bei Leninogorsk, Ust-Kamenogorsk und Almaty interniert. Es war eine grauenhafte Zeit unter extremen Bedingungen, die Maisak nur dank seiner künstlerischen Begabung überlebte. Er musste nicht in die Bleibergwerke, sondern konnte im Lager als Anstreicher und Schriftenmaler arbeiten. Später durfte er die Kindergärten der Umgebung mit Märchenbildern ausmalen. Dafür war er zeitlebens dankbar. Nach seiner Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft kehrte er im Oktober 1949 nach Heilbronn zurück.

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1950 – 1960

Besatzung Deutschlands durch die Siegermächte. Verunsicherung durch den Kalten Krieg (Ost-West-Konflikt). Um 1955 Beginn des Vietnam-Kriegs. 1957 Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG).

Um eine bürgerliche Existenz aufzubauen, arbeitete er mit seiner Frau im Heilbronner Tapetengeschäft der Schwiegereltern Paul und Else Haas. Aber er entwarf auch Gebrauchsgraphik und erhielt beim Wiederaufbau der Nachkriegszeit Aufträge für Kunst am Bau an öffentlichen und privaten Gebäuden. Von nun an beteiligte er sich als Mitglied an den Ausstellungen des Heilbronner Künstlerbunds. Er war auch Mitglied des 1956 neu gegründeten Heilbronner Kunstvereins sowie des Württembergischen Kunstvereins. Mit Freunden unternahm er kleine Reisen in Deutschland, in den Dolomiten und nach Venedig.

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1960 – 1970

Entwicklung der BRD zur Wohlstandsgesellschaft. 1961 Bau der Berliner Mauer durch die DDR. 1968/69 schwere Studentenunruhen. 1969 Erste Mondlandung.

Ab 1963 hielt Maisak sich öfters auf der Schwäbischen Alb auf, um zusammen mit seinem Künstlerfreund Wilhelm Wendel zu malen. 1966 fuhr er mit Wendel zum ersten Mal nach Südfrankreich. Das Erlebnis der mediterranen Welt in der Provence und Camargue verlieh seiner Landschaftsmalerei starke Impulse. Er unternahm auch Kunstreisen in Süddeutschland; zu Fahrten nach Franken, in den Schwarzwald, an den Bodensee und nach München nahm er seine Tochter Petra mit. Gemeinsame Wanderungen und Ausstellungsbesuche mit ihr und seiner Frau Freya gehörten zum Familienleben.

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1970 – 1980

Beginn der Terrorwelle der Roten Armee Fraktion (RAF). 1973/74 und 1979 Ölpreiskrisen. 1979 Nato-Doppelbeschluss.

Doch es gab auch Lichtblicke wie die Retrospektive zum 60. Geburtstag im Historischen Museum Heilbronn oder die Kunst- und Studienreisen, die ihn unter anderem nach Südfrankreich (1971), Paris (1972), Italien (1976), Skandinavien (1977), Irland (1978) und Burgund (1979) führten. In den 1970er Jahren nahm Maisak großen Anteil am kunsthistorischen Studium seiner Tochter Petra. Das Fach Kunstgeschichte hatte er schon an der Akademie belegt und seine Kenntnisse im Lauf der Zeit vertieft. Er baute eine umfangreiche Kunstbibliothek auf, deren Schwerpunkt im Bereich der klassischen Moderne lag.

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1980 – 1990

1980 Beginn des ersten Golfkriegs. 1985 Stationierung von US-Raketen bei Heilbronn, Proteste der Friedensbewegung. 1987 Perestroika in der UdSSR, 1989 Fall der Berliner Mauer.

1990 – 2002

Am 3. Oktober 1990 deutsche Wiedervereinigung. 1991 Auflösung der Sowjetunion, Ende des Kalten Kriegs. 1993 Errichtung der Europäischen Union. Am 9. September 2001 islamistischer Terroranschlag in New York.