„Im Mittelpunkt der Mensch“, lautete Maisaks Devise. In seinen frühen Jahren experimentierte er mit Einflüssen der Fauves, der Expressionisten und der neuen Sachlichkeit, nahm dann Anleihen beim Schwäbischen Impressionismus auf und entwickelte daraus einen eigenen Stil. Gegen die Strömungen seiner Zeit blieb er der gegenständlichen Kunst verpflichtet. Der Themenraum „Menschenbilder“ bietet einen Überblick über die künstlerische Entwicklung und zeigt charakteristische Motive, von Darstellungen aus dem Alltagsleben bis zu symbolisch verdichteten Kompositionen.
Der Blick in den Spiegel stellt den Künstler vor die Frage „Wer bin ich? Wer will ich sein?“ Walter Maisak antwortet mit Selbstbildnissen, die Stufen und Wendepunkte seines Lebens markieren, aber auch seine künstlerische Entwicklung aufzeigen. Er sucht den direkten Kontakt; fast immer wendet er sich frontal seinem Gegenüber zu. Mit der Komposition Der Maler (1959) zieht er die Summe seiner Existenz: Er versteht sich als Chronist, der das Getriebe der Welt reflektiert und den Pinsel erhebt, um den vorbeiziehenden Schatten Gestalt zu verleihen.
Während Walter Maisaks Studienzeit galt das traditionelle Aktstudium noch als die Königsdisziplin, die jeder Absolvent der Akademie beherrschen musste. Dabei ging es um die präzise, anatomisch fundierte Kenntnis der menschlichen Figur samt Knochengerüst, Muskulatur und Sehnen, aber auch um Proportionen und Bewegungsabläufe. Aktzeichnen stand schon an der Kunstgewerbeschule auf dem Stundenplan, streng reguliert wurde es aber erst an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart.
„Im Mittelpunkt der Mensch“ lautet Walter Maisaks Devise. Er bekennt sich stets zur figurativen Kunst, auch wenn er damit gegen die Strömung seiner Zeit verstößt. Seine humanistisch geprägte Grundhaltung bringt er von Jugend an in Bildern des menschlichen Lebens zum Ausdruck, seien es Porträts, realitätsnahe Szenen oder symbolisch verdichtete Kompositionen. Schon früh erreicht er eine hohe malerische Qualität; das bezeugt das pastose Gemälde Arbeitslose auf nächtlicher Straße (1930), das von einer melancholischen Stimmung getragen wird.
Homo sapiens nennt Walter Maisak sarkastisch das Bild des blindwütigen Aggressors, der sich, ein Brett vor dem Kopf, auf einen imaginären Gegner stürzt (1969/70). Die Keule, die er schwingt, kann ebenso ein Gewehrkolben sein. Die Allegorie ruft die ewig gleiche verstörende Geschichte auf: Unter der Maske der Zivilisation lauert ein archaischer Instinkt, der brutal zuschlagen und ganze Völker in den Abgrund treiben kann. Als Zeitzeuge kennt Maisak das ganze 20. Jahrhundert mit seinen sozialen Krisen, mit Arbeitslosigkeit, Not und Elend im Gefolge zweier Weltkriege. Das Echo hält er in seinen Bildern fest. „Ich will nicht urteilen“, sagt er, „ich will nur aufzeigen, was der Mensch fühlt, leidet – und hofft“.
Unter dem Schock der Kriegserlebnisse gestaltet Walter Maisak Anfang der 1950er Jahre in einem eruptiven Schaffensprozess Bilder des Schreckens, die sein künstlerisches Werk auf einen Höhepunkt führen. Nach der Rückkehr aus der sowjetischen Kriegsgefangenschaft in Kasachstan entstehen Gemälde und Zeichnungen von elementarer Kraft, mit denen er die Dämonen der Erinnerung zu bannen sucht. In dem Gemälde Der Gefangene steht eine einsame Rückenfigur mit kahlgeschorenem Schädel vor dem Lagerzaun; hilflos ausgeliefert strahlt sie eine unendliche Traurigkeit aus (1950-1952). Die kühle Formensprache verwandelt das individuelle Schicksal in ein zeitloses Sinnbild menschlichen Leids.